„Sie verloren nicht den Mut“   

Denkmäler sind Markierungs- und Kennzeichen eines symbolischen Territoriums. Die Aufstellung eines Denkmals ist ein symbolischer Akt. In den 1990er Jahren, im Zusammenhang mit dem Beginn der Rehabilitierung, begann man in Russland und Kasachstan mit der Errichtung der Denkmäler für das Schicksal der Russlanddeutschen. Das Denkmal für Katharina die Große in Marx  und das Denkmal für die deportierten Wolgadeutschen in Engels im Gebiet Saratow sind eindrucksvolle Beispiele solcher Monumente.

Am aufsehenerregendsten war die Aufstellung eines Denkmals für Russlanddeutsche –  Opfer der Repressionen in der UdSSR am 26. August 2011 in Engels. Das Monument wurde mit Spenden russischer und deutscher Bürger anlässlich des 70. Jahrestages der Deportation der Deutschen von den Wolgaufern errichtet. Das Denkmal stellt eine Wand aus schwarzem Marmor dar, die das Leben der Deutschen in zwei Hälften teilt – vor der Deportation und danach. Vor dieser Wand sind zwei Menschen –  einer, der im schwarzen Raum der Wand verschwindet, der andere ist der Zurückkehrende. Auf der Vorderseite vom Sockel des Denkmals befindet sich ein Auszug aus dem Buch „Archipel Gulag“ von Alexander Solzhenizyn: („Wie einst auf dem von Kaiserin Katharina geschenkten fruchtbringenden Land, so setzten sie sich jetzt auf dem von Stalin zugewiesenen kargen Boden fest, widmeten sich ihm, als wär‘ s nunmehr für alle Zeit ihr eigen. Nicht bis zur ersten Amnestie richteten sie sich darauf ein, nicht bis zur ersten Zarengnade, sondern – für immer. 1941 blank und nackend ausgesiedelt, jedoch umsichtig und unermüdlich, ließen die Deutschen den Mut nicht sinken und schickten sich an, ebenso ordentlich und vernünftig zu werken. Wo liegt auf Erden jene Wüste, die die Deutschen nicht in blühendes Land zu verwandeln verstünden? Nicht umsonst hieß es im früheren Russland: Der Deutsche ist wie’n Weidenbaum. Wo du ihn hinstreckst, schlägt er Wurzeln“). Die Aufstellung des Denkmals fand vor dem Hintergrund von Auftritten einiger Einheimischen statt, die gegen die Rückkehr der Deutschen in das Wolgagebiet sogar auf solche symbolische Weise protestierten.

Aus dem Artikel von Smirnowa T.B., Podoprigora J.I. „Pamjatniki, pamjatnye mesta i simwolitscheskije territorii v identitschnosti nemzev Rossii i Kasachstana“, veröffentlicht im Sammelband „Aktualnyje woprosy ochrany i ispolzowanija kulturnogo nasledija Kryma: materialy VII. Wserossijskoj nautschno-praktitscheskoj konferenzii, Simferopol, 2020“.