2000
Ein Geschenk zu Ostern
„Das ist Kristina, sie arbeitet als Sekretärin im Deutsch-Russischen Haus. Eines Tages ging sie, wie üblich, die Briefe durch und fand einen Umschlag ohne Adresse. Sie nahm ihn in die Hand. Plötzlich raschelte etwas im Umschlag. „Schrum“, hörte sie. Vor Schreck ließ Kristina den Brief fallen. „Dirum“, der Umschlag öffnete sich von selbst und ein Blatt Papier fiel heraus. Darauf war eine Zeichnung von einem zotteligen kleinen Männchen“. So beginnt die erste Ausgabe der deutschsprachigen Kinderzeitschrift Schrumdirum. Sie war dem Osterfest gewidmet. Seitdem erscheint die Zeitschrift allmonatlich. Sie enthält Artikel, Kreuzworträtsel, Comics, Lieder, Rezepte, Spiele, Rätsel und vieles mehr, das für Schüler, die Deutsch lernen, interessant ist.
2003
Nationaler Verlag
Der russlanddeutsche Verlag „IVDK-press“ wird gegründet. Er gab vielfältige belletristische, wissenschaftliche, pädagogische und methodische Literatur in russischer und deutscher Sprache heraus, die auf den IVDK-Veranstaltungen verteilt und an russlanddeutsche Begegnungszentren in den Regionen verschickt wurde. Seit Herbst 2003 erscheinen neben Schrumdirum auch die deutschsprachigen Zeitschriften WarumDarum für Jugendliche, für die ganz kleinen Leser – Schrumdi und für die Deutschlehrer – Deutsch Kreativ. Die Gesamtauflage der von „IVDK-press“ herausgegebenen Publikationen des IVDK beläuft sich auf Hunderttausende von Exemplaren. „IVDK-press“ setzte die Traditionen des 1995 mit Hilfe des Verbands gegründeten Verlags „Gotika“ fort. Der Rechtsnachfolger von „IVDK-press“ wurde der Verlag „RusDeutsch Media“ (2015–2021).
Der Onlinegang
Auf RusDeutsch, dem Informationsportal der Russlanddeutschen, erscheint die erste Nachricht – Glückwünsche zum 8. März. Anfangs hatte die Website nur einen Nachrichten-Feed, aber nach und nach kamen Unter-Websites hinzu, wie „Elektronische Bibliothek der Russlanddeutschen“ (seit 2005), „Rechtsberatung“ und „Virtuelles Museum der Russlanddeutschen“ (seit 2009), „Elektronische Enzyklopädie der Russlanddeutschen“ (seit 2014) u.a. Heute ist das Portal eine Riesenressource mit Dutzenden von Spezialprojekten, ohne die bereits jetzt die Arbeit der Selbstorganisation der Russlanddeutschen nicht mehr denkbar ist.
2004
Bündnis der Verbände
Auf dem 49. Kongress der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), der in dem polnischen Dorf Kamien Slaski (Groß Stein) stattfand, wurde der IVDK zum ordentlichen Mitglied der FUEN. Vertreter des IVDK haben schon früher an Veranstaltungen der FUEN und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in Europa (AGDM), die Teil der FUEN ist, teilgenommen, aber ab diesem Zeitpunkt waren sie berechtigt zu wählen und in die Leitung der Organisation gewählt werden. Erste stellvertretende Vorsitzende des IVDK, Olga Martens, machte von diesem Recht im Jahr 2010 Gebrauch und wurde zur Vizepräsidentin der FUEN – dem ersten Präsidiumsmitglied der Organisation aus Osteuropa und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten überhaupt. Sie blieb bis 2019 Mitglied des Präsidiums. Im Mai 2012 empfing der IVDK die Gäste des 57. FUEN-Kongresses in Moskau.
Saratow in Festivalstimmung
Vom 14. bis 18. September fand in Saratow das Internationale Festival der deutschen Kultur anlässlich des 240. Jahrestages der Gründung der ersten deutschen Siedlungen an der Wolga im Rahmen der Veranstaltungen des Jahres der deutschen Kultur in Russland statt. An der Feier nahmen 45 Volkskunstgruppen sowie Wissenschaftler, Künstler, Kunsthandwerker aus Russland, der Ukraine, Kasachstan und Usbekistan teil.
Meinung
„Die Zeit von Mitte der 1990er bis Mitte der 2000er Jahre war eine Periode der Unordnung und des Schwankens. Es war schwer, einen Leitfaden zu finden. Wir hatten nicht die Kraft, systematisch im ganzen Land zu arbeiten, es gab keine Unterstützung, kein Vertrauen von deutscher und russischer Seite. Doch allmählich begann sich die engagierte tägliche Arbeit des IVDK auszuzahlen, und ab Mitte der 2000er Jahre wurde der Verband zur dominierenden Kraft in der Gesellschaftsbewegung aller Russlanddeutschen. Wir haben Vertrauen gewonnen“.
2005
IVDK: der Schritt in die große Politik
Im Jahr 2005 wurde auf dem Forum der Begegnungszentren in Anapa zum ersten Mal die Notwendigkeit einer Verlängerung des Föderalen Zielprogramms des Präsidenten zur sozioökonomischen und kulturellen Entwicklung der Russlanddeutschen, das von 1997 bis 2006 in Kraft war, angesprochen. Dank der aktiven Position der IVDK-Experten wurde im Jahr 2008 der FZP „Sozioökonomische und ethnokulturelle Entwicklung der Russlanddeutschen 2008–2012“ verabschiedet (Beschluss Nr. 142 der Regierung der Russischen Föderation vom 5. März 2008). Etwa 3 Mrd. Rubel sollten für den kapitalen Aufbau in den von Russlanddeutschen dicht besiedelten Gebieten und für ethnisch-kulturelle Projekte bereitgestellt werden. Das Föderale Zielprogramm ist nicht vollständig umgesetzt worden.
2006
Der neue Beauftragte der Bundesregierung für die Angelegenheiten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Christoph Bergner, begründete auf einer Veranstaltung in Göttingen erstmals die Notwendigkeit der Formierung einer Elite der Russlanddeutschen. Im Jahr 2008 wurde das Konzept für langfristiges Programm „Förderung der Avantgarde“ entwickelt. Der IVDK begann mit seiner Umsetzung. Eine der ersten Veranstaltungen im Rahmen dieses Programms war der Diskussionsclub „Avantgarde“, der als Ideenfabrik angelegt wurde.
Was brachte der Diskussionsclub „Avantgarde“ seinen Teilnehmern? Drei von ihnen beantworten die Frage.
„Diskussionsclub „Avantgarde“ ist für jeden etwas anderes. Was mich betrifft, so hat er 2010 mein Leben grundlegend verändert. Ich habe Menschen kennengelernt, die meine Freunde, Kollegen, Mentoren geworden sind. Durch die Arbeit des Clubs habe ich ein Praktikum beim Internationalen Verband der deutschen Kultur bekommen, bin nach Moskau gefahren und hier geblieben. Vor kurzem habe ich einen Kinderclub im Deutschen Club Moskau gegründet.“
„Wichtige Etappen meines künstlerischen Lebens sind mit Projekten von „Avantgarde“ verbunden. Eine, die ich besonders schätze, ist das Art-Labor im Wolgagebiet im Jahr 2016. Wir haben Kirchen gemalt, oder vielmehr das, was von ihnen übrig war. Ich stellte mir vor, wie sie früher mit Leben gefüllt waren. Eine solche Dissonanz ist ein Grund, darüber nachzudenken, wie man die Erinnerung des Volkes bewahren kann, was man selbst hinterlassen kann“.
„Diese Treffen sind eine Fundgrube für Informationen, die im Berufsleben helfen. Mir hat auch gefallen, dass Deutsche aus dem ganzen Land daran teilnehmen. Es gibt nur wenige Deutsche in Samara, und es gibt nur ein paar junge und aktive. Und dann sieht man im Club viele Deutsche mit einer gemeinsamen Geschichte und man fühlt sich als Teil der Gemeinschaft, man spürt ihre Unterstützung. Es ist inspirierend“.
2007
Eigene Stellung in der deutsch-russischen Zusammenarbeit
Im Mai 2007 fand die erste internationale Partnerschaftskonferenz in Wiesbaden statt, bei der ein Partnerschaftsvertrag zwischen dem IVDK, dem JdR und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland unterzeichnet wurde. In den folgenden Jahren wurden Dutzende von Partnerschaftsverträgen zwischen Begegnungszentren der Russlanddeutschen in der Russischen Föderation und lokalen und regionalen Gruppen der Landsmannschaft geschlossen. Einige der Partnerschaften, die in den späten 2000er Jahren entstanden sind, bestehen noch heute.
Weltraum als Vorahnung
Im Russischen haben die Internationale Raumstation und die Überregionale Koordinationsräte (ÜKR) der Begegnungszentren der Russlanddeutschen dieselbe Abkürzung. Für die Aktivisten des IVDK sind die ÜKR ein Teil ihres Lebens und unverwechselbar geworden. Die Überregionalen Koordinationsräte wurden zwecks der Koordinierung der Tätigkeiten der Begegnungszentren und der Vertretung ihrer Interessen auf interregionaler Ebene gegründet. In den Jahren 2007–2008 wurden fünf Koordinationsräte eingerichtet: ÜKR der Zentralen Region Russlands (seit 2011 – der Zentralen und der Nordwestlichen Regionen), der Regionen Ural, Westsibirien, Ostsibirien und Fernosten. Auf der Ebene der Überregionalen Koordinationsräte werden auf demokratischem Wege Entscheidungen über die Umsetzung konkreter Projekte in den Regionen getroffen.
2008
GTZ, lass uns auch ans Steuer!
Der IVDK begann, Schritt für Schritt von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ, seit 2011 – GIZ, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) die Befugnisse zur Koordinierung und Organisation von Projektaktivitäten der Begegnungszentren zu übernehmen. Die Pilotregionen im Jahr 2008 waren Zentralrussland und der Ural. Nach und nach schlossen sich weitere Regionen dem Projekt an. Bis 2013 war der Prozess vollständig abgeschlossen: Das System der Selbstorganisation der Russlanddeutschen war aufgebaut. Die Verantwortung für die Umsetzung des Programms der Unterstützung der Russlanddeutschen in der Russischen Föderation tragen die Gremien der Selbstorganisation.
Übersicht
Quelle:
Strahler O.F. Entstehung und Entwicklung des heutigen Systems der Selbstorganisation der Russlanddeutschen: Errungenschaften und Probleme / /Die Russlanddeutschen: 50 Jahre gesellschaftliche Bewegung in der Nachkriegszeit [Текст] : von der ersten Delegationen zur Regierung über die „Wiedergeburt“ zum heutigen System der Selbstorganisation (1964-2014) : Konferenzband der 5. Internationalen wissenschaftlich-praktischen Konferenz, Moskau, 11.-16. Februar 2015 / Intern. Assoz. zur Erforschung der Geschichte u. Kultur der Russlanddeutschen, Intern. Verband der dt. Kultur, Zentrum zur Erforschung der Geschichte u. Kultur der dt. Russlands des Inst. für Geschichte u. intern. Beziehungen der Nat. staatl. Forschungsuniv. „N. G. Černyševskij“, Saratov. – Moskau : MaWi Group, 2016. – 139 S..; 29 см.; ISBN 978-5-98355-131-2. S. 94.
2009
Von den Räten zum Kongress
Am 4. und 5. April fand in Moskau ein außerordentlicher Berichts- und Wahlkongress der Föderalen Nationalen Kulturautonomie der Russlanddeutschen (FNKA der RD) statt. Daraufhin folgte eine De-facto-Fusion der Führung von FNKA der RD und des IVDK. Die Organisationen haben unterschiedliche Funktionen: FNKA der RD fungiert als öffentliche Vertretung, der IVDK löst organisatorische Fragen und führt ethnokulturelle Projektaktivitäten durch. Beide Organisationen werden von demselben Team geleitet.
Botschafter der deutschen Sprache in Russland
Im Jahr 2009 wurde eines der großangelegtesten Projekte des IVDK – der Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“, ins Leben gerufen. Das Projekt hat die Popularisierung der deutschen Sprache und die Bewahrung der ethnokulturellen Traditionen der Russlanddeutschen zum Ziel. Interessenten aller Altersgruppen und aller Deutschkenntnisse sind willkommen, daran teilzunehmen. Für viele Teilnehmer war der Wettbewerb ein wichtiger Meilenstein in ihrem Leben. Hier sind nur drei Geschichten. Dabei haben an den 8 Wettbewerben im Zeitraum von 12 Jahren mehr als 23 Tausend Menschen teilgenommen.
Drei Geschichten von Menschen, deren Leben der Wettbewerb veränderte
Der allererste Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ im Jahr 2009 veränderte das Leben von Alina Galkowa. Die Schülerin aus Stawropol nahm damals an drei Nominierungen teil. Die kreative Arbeit für eine der Nominierungen („Meine Familie – mein Reichtum“) brachte ihr einen Preis und eine Reise nach Deutschland ein. Der Wettbewerb veranlasste Alina, sich eingehend mit der Erforschung ihres Stammbaumes zu befassen. Es stellte sich sogar heraus, dass einer ihrer Vorfahren der Philosoph Friedrich Schiller war! Heute lebt und studiert Alina in Deutschland. Sie ist sich sicher: Der Wettbewerb hat damals die entscheidende Rolle in ihrem Leben gespielt. Er war für Alina der Startpunkt für eine lange Reise durch die jahrhundertelange Geschichte ihrer Familie. Und dank der Austauschreise wurde ihr klar, dass sie leicht auf Deutsch umschalten und sogar in dieser Sprache denken kann, die echte deutsche Aussprache erlernen und sich frei in einem anderen Land fühlen kann.
Maria Briz aus Omsk nahm am ersten Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ als junge Malerin teil. Fünf Jahre später, im Jahr 2014, lud man sie zur Teilnahme am Treffen der Preisträger in Moskau ein, wo sie zur Botschafterin der deutschen Sprache gewählt wurde. „Meine erste Aufgabe war es, den Einwohnern von Omsk vom Wettbewerb „Freunde der deutschen Sprache“ zu erzählen und ihnen vorzuschlagen, daran teilzunehmen. Zusammen mit meiner Mutter besuchten wir Schulen, in denen Deutsch gelehrt wird, hängten Plakate auf, ich berichtete den Schülern von meinen persönlichen Erfahrungen beim Wettbewerb und postete die Information über die „Freunde“ auf meinen Seiten in sozialen Netzwerken. Und einige Zeit später erwartete mich eine Überraschung – eine Reise nach Deutschland in den Winterferien. Das war unvergesslich! Die Tätigkeit als Deutsch-Botschafterin in meiner Stadt ist für mich eine weitere Möglichkeit, das Interesse vieler Gleichaltriger an der Sprache zu wecken, die derzeit meine größte Leidenschaft ist“, erzählte später Maria Briz. 2018 schloss sie die Schule „Wiedergeburt“ mit ethnokultureller Komponente ab und schrieb sich an der Omsker Medizinischen Universität ein.
Der Schuldirektor im Dorf Kirikowo in der Region Krasnojarsk beschloss an der Nominierung für publizistische Arbeiten „80 Jahre Deportation: Geschichte meiner Familie“ des 8. Wettbewerbs „Freunde der deutschen Sprache“ im Jahr 2021 teilzunehmen, um die Bitte seines Großvaters zu erfüllen – zu erzählen, was die Deportation für die Deutschen bedeutete. „Weißt du, Oleg, wenn du irgendwann die Möglichkeit hast, darüber zu schreiben, was ich dir erzählt habe und es erlaubt ist, das zu tun… Dann mach‘ das, schreib‘ es auf… Keiner außer mir wird dir diese Geschichte erzählen… Es ist keiner mehr da…“, so sprach vor 20 Jahren, kurz vor seinem Tod Olegs Großvater, David Wingert. Der Wettbewerb veranlasste Oleg, die Geschichte aus dem Gedächtnis aufzuschreiben, und zwar so gut, dass er damit den ersten Platz gewann. Nun wird die Geschichte von David Wingert in der „Moskauer Deutschen Zeitung“ am Vorabend des 80. Jahrestages der Deportation veröffentlicht. Außerdem, so Oleg, ermögliche es der Wettbewerb, sich der Geschichte seines Volkes zugehörig zu fühlen, stolz darauf zu sein und sich der Werte bewusst zu werden, die den eigenen Kindern vermittelt werden müssen: „Das ist sehr wichtig“.
Neustart
Der IVDK veranstaltete die seit 15 Jahren erste wissenschaftlich-praktische Konferenz über die deutsche Sprache als Grundlage für die Erhaltung und Entwicklung der Identität der Russlanddeutschen. Damals hieß es, dass ein systematischer Ansatz für die Spracharbeit dringend notwendig sei, damit alle Zielgruppen, von Vorschulkindern bis zu den Seniorenclubs, die Möglichkeit haben, Deutsch zu lernen. Schon bald entwickelte der IVDK ein Konzept für die Spracharbeit und begann, es umzusetzen. Die Sprachkonferenzen fanden von nun an alle zwei Jahre statt.
Im Vorfeld der Sprachkonferenz führte RusDeutsch eine Umfrage unter seinen Lesern durch: Was bedeutet die deutsche Sprache für Russlanddeutsche?
Die Umfrage wurde vom 15. September bis 15. Oktober 2009 auf dem Informationsportal RusDeutsch durchgeführt. Insgesamt 189 Nutzer der russischsprachigen Version der Website haben daran teilgenommen.